Digitale Buchproduktion: Eberl & Kœsel stellt auf den „BookFlow“ um
Bücher haben bei Eberl & Kœsel, dem Unternehmen, das im vergangenen Jahr durch die Verschmelzung der Kösel GmbH & Co. KG und der Eberl print GmbH entstanden ist, eine jahrhundertelange Tradition. Damit die Erfolgsgeschichte auch trotz der sich immerzu ändernden Marktanforderungen noch lange so weitergehen kann, hat das Allgäuer Unternehmen gerade eine neue, digitale Produktionslinie in Betrieb genommen: „BookFlow“.
Druckplatten belichten, drucken, falzen, zusammentragen, kleben oder heften, Drei-Seiten-Beschnitt, mit dem Buchblock vereinen, fertig. Die klassische Buchproduktion besteht aus vielen einzelnen Prozessschritten – und gehört bei Eberl & Kœsel, zumindest teilweise, inzwischen der Vergangenheit an. Denn mit der neuen „BookFlow“-Produktionslinie, die Ende März 2021 in Betrieb genommen wurde und das gut fünf Jahre alte JuraJet-System ersetzt hat, läuft ein Großteil des Produktionsprozesses nun komplett automatisiert ab – im digitalen Rollendruck mit anschließender Inline-Weiterverarbeitung.
„Auflagen von 200, 500 oder 1000 Exemplaren mit mehreren tausend Seiten, wie sie die Verlage heute mehrfach im Jahr benötigen, sind mit den klassischen Produktionsprozessen wirtschaftlich nicht rentabel“, erklärt Hans-Georg Trentz, Kundenberatung Außendienst von Eberl & Kœsel.
„Im Digitaldruck fallen die Rüstkosten aus dem Offsetdruck weg, kleine Auflagen ab 200 Exemplaren sind daher wirtschaftlich interessanter. Die Verlage können sie in kürzeren Abständen nachproduzieren und bleiben lieferfähig, müssen aber nicht so stark wie früher in Vorleistung gehen und sparen zusätzlich Lagerkosten.“
Das sei daher vor allem für Verlage aus dem RWS-Bereich (Recht, Wirtschaft, Steuern) interessant, deren Nachschlagewerke regelmäßig aktualisiert werden müssen. Zugleich stelle diese Art von Büchern, mit einem Umfang von meist mehreren Tausend Seiten Dünndruck- oder Werkdruckpapier, aber auch hohe Anforderungen an die Produktion. Und die kann Eberl & Kœsel mit Hilfe der neuen Produktionslinie nun effizienter und in besserer Qualität umsetzen.
Buchproduktion 2.0
„Wir reden hier definitiv von der ‚next generation‘ der Buchherstellung“, sagt Geschäftsführer Joachim Kühn über die neue Produktionslinie. „Wir produzieren inzwischen in einer integrierten Prozesskette, die die Herstellung vom Auftrag bis zur Versandrampe durchorganisiert und die Produkte in einem effizienten Fluss durch das Unternehmen leitet.“ Kein Wunder also, dass die neue Produktionslinie daher den Namen „BookFlow“ trägt.
„BookFlow“ besteht aus zwei Haupt-Elementen: einer Rollen-Inkjetmaschine Canon Prostream 1800 und einer Weiterverarbeitungslinie PF7 des Schweizer Herstellers Hunkeler. Während die Papierbahn auf der Prostream 1800 bedruckt wird, sorgen die Weiterverarbeitungsmodule für das Falzen, Kleben, Pressen und Schneiden in einem durchgängigen Prozess. „BookFlow“ liefert damit hilfsverleimte Buchblöcke, die anschließend problemlos zum fertigen Buch weiterverarbeitet werden können.
Knackpunkt Dünndruckpapier
Genau in dieser Kombination aus Druck und integrierter Weiterverarbeitung liegt für Birsan Gülmez, dem Leiter der Druckproduktion bei Eberl & Kœsel, denn auch der wohl größte Vorteil von „BookFlow“.
„Ich glaube, letztlich ist das, was bei der Anlage nach dem Druck passiert, sogar die wichtigere Komponente“, erklärt er, „denn die Verarbeitung von dünnem Papier zu kompletten Buchblocks ist relativ schwierig und es gibt nur wenige Anbieter auf dem Markt, deren Maschinen das wirklich gut können. Ich bin froh, dass wir künftig auch die Dünndruckpapiere für die RWS-Bände unproblematisch und in hoher Qualität verarbeiten können.“
Bedrucken konnte das Allgäuer Unternehmen Dünndruckpapiere übrigens auch vorher schon – und auch verarbeiten, das jedoch bisher nur auf klassische Weise. Mit „BookFlow“ erfolgt nun alles in einem Durchgang und hochautomatisiert.
Nachdem die fertigen Buchblocks die Verarbeitungsanlage verlassen haben, können sie in einem ebenso neu installierten Klebebinder schließlich endverarbeitet werden. Dieser wurde, wie das Unternehmen erklärt, zudem so ausgestattet, dass sich auch kleine Auflagen darauf wirtschaftlich abbilden lassen. Darüber hinaus soll in absehbarer Zeit auch ein eine Lösung für fadengeheftete Produkte installiert werden.
Und last but not least: Ergänzt wird „BookFlow“ zudem durch eine digitale Schnittstelle zur Datenübertragung, die es den zahlreichen Verlagen im Kundenstamm von Eberl & Kœsel ermöglichen soll, ihre Aufträge noch unkomplizierter zu übermitteln.
Aktuelle Aufträge
Derzeit liegt der Fokus der Produktion auf der neuen „Eberl & Kœsel BookFlow“ vor allem auf Dünndruckpapieren zwischen 33 und 50 g/m², aber auch Bilder- und Werkdruckpapieren von 80 bis 180 g/m² werden bereits hin und wieder realisiert – auch wenn das Drucksystem an sich theoretisch Papiere mit einer Grammatur von bis zu 300 g/m² bedrucken kann.
Was die Farbigkeit betrifft, so erklärt es das Unternehmen gegenüber Sign&Print, sind die meisten Aufträge derzeit noch 1/1-farbig – je mehr Produkte für Agentur- und Industriekunden jedoch hinzukommen, desto mehr werde auch die 4/4-Farbigkeit eine Rolle spielen. Außerdem würden auch die Kunden der RWS-Verlage das Thema Farbe zunehmend positiv aufnehmen.
Vorteile der digitalen Buchproduktion
Doch worin besteht für ein Unternehmen, dass eine jahrhundertelange Tradition im Buchdruck hat, der Reiz an den neuen Drucktechnologien? Worin liegen die Vorteile, vor allem des Inkjetdrucks in der Buchproduktion? Für Geschäftsführer Joachim Kühn gibt es gleich mehrere Antworten darauf:
„Der Vorteil ist natürlich, dass die Kunden bedarfsgerecht bei uns bestellen können. Sprich nicht einmalig die große Auflage geordert werden muss, mit den Nachteilen der Kapitalbindung, des Absatzrisiko und natürlich der benötigten Lagerflächen. Wenn der Verlag merkt, dass die Nachfrage nach dem Titel wächst, kann in kurzen Zeiträumen nachproduziert werden. In der Regel innerhalb von zehn Arbeitstagen. Natürlich in erstklassiger Qualität. Im weiteren Sinne betrifft das auch das Thema Nachhaltigkeit. Wenn Titel nicht abverkauft werden, müssen diese entsorgt werden. Das ist nicht zielführend.“
„Darüber hinaus stellen wir für alle unsere Standard-Papiersorten De-Inking-Zertifikate zur Verfügung. Außerdem haben wir bei Eberl & Kœsel noch einen besonderen Vorteil. Wir müssen Halbfabrikate nicht per LKW durch die Republik transportieren, da wir dank unseres breiten Leistungsportfolios eine Vielzahl an Produktionsschritten am Standort in Altusried-Krugzell machen können. Gut für die Umwelt, aber auch um knappe Zeitpläne realisieren zu können.“
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