Welche Rolle könnten gedruckte Sensoren in Zukunft spielen?
Die Druckindustrie kann mehr als Akzidenzen, Verpackungen oder Großflächenplakate – Printed Electronics rücken zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit, allen voran gedruckte und flexible Sensoren. Sign&Print hat bei Dr. Matthew Dyson, Technologie-Analyst bei IDTechEx, nachgefragt, welche Druckunternehmen von dieser Entwicklung profitieren könnten und welches Know-how notwendig ist.
Das Marktforschungsinstitut IDTechEx prognostiziert, dass der Markt für vollständig gedruckte Sensoren bis 2030 gut 4,5 Mrd. US-Dollar groß sein wird – und skizziert in seinem Bericht „Printed and Flexible Sensors 2020 – 2030: Technologies, Players, Forecasts“ mögliche Anwendungsfelder.
Da die Druckindustrie aus Unternehmen besteht, die in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig sind, stellt die gedruckte Elektronik nicht für alle ein realistisches Wachstumsfeld dar. Druckereien, die auch jetzt schon große Volumen produzieren, könnten jedoch von der Entwicklung profitieren, antwortet Dr. Matthew Dyson auf die Frage, welche Druckdienstleister für den Einstieg in diesen Markt am ehesten prädestiniert sind. Er ist Technologie-Analyst bei IDTechEx und gehört zu den Verfassern des aktuellen Reports.
„Ein vielversprechender Weg ist es, wenn Unternehmen, die bereits hohe Druckvolumen produzieren, sich mit ‚Early-Stage-Unternehmen‘ zusammentun, die eine bestimmte Sensortechnologie entwickelt haben. Es ist für die kleinen, weitgehend auf Forschung und Entwicklung fokussierten Sensoren-Hersteller schwierig, in die ‚echte‘ Produktion einzusteigen. Daher sind sie vermutlich an einer Zusammenarbeit interessiert. Dies gilt natürlich nicht für Bereiche, in denen es bereits integrierte Lösungen gibt, wie zum Beispiel für Medizintechnikunternehmen, die Teststreifen entwickeln und herstellen“, erklärt Dyson.
Welches Know-how ein Druckdienstleister mitbringen bzw. aufbauen müsse oder worauf es ankomme, beschreibt er wiefolgt: „Eine zentrale Herausforderung bei der Kommerzialisierung von gedruckter Elektronik – einschließlich gedruckter/flexibler Sensoren – ist es, sicherzustellen, dass die Eigenschaften des Prototyps bei der Serien-Fertigung exakt reproduziert werden. Die Optimierung des Prozesses erfordert daher Know-how über das Zusammenspiel von leitenden oder funktionalen Farb- und Tinteneigenschaften, Druckparametern und dem Bedruckstoff.“
Intelligente Gebäude: Wo gedruckte Sensoren zum Einsatz kommen
Ein gutes Beispiel für mögliche Anwendungsfelder gedruckter und flexibler Sensoren sieht der Fachmann unter anderem in „Smart Buildings“, also intelligenten Gebäuden. „In der Tat könnte das Gebäude der Zukunft mit gedruckten Sensoren ausgestattet sein, die in Wänden, dem Boden oder der Decke eingebracht sind, um beispielsweise Wasserschäden, die Luftqualität und Nutzungsmuster zu erkennen oder zu erfassen“, so Dyson. Der Vorteil gedruckter bzw. flexibler Elektronik liege dabei in ihrem geringen Gewicht, dem dünnschichtigen Aufbau und der Möglichkeit, sie kostengünstig und großflächig zu fertigen.
Berührungsempfindliche Wände sind keine Fiktion mehr
Genau das sei für gebäudeintegrierte Anwendungen, wie etwa berührungsempfindliche Wände, unerlässlich. Für diese Funktionalität werden, wie der Fachmann erklärt, leitfähige Tinten auf Kohlenstoffbasis verdruckt. Durch die Anordnung kapazitiver Sensoren unter dekorativen Grafiken könnten Menschen mit der Wand „interagieren“, um beispielsweise Licht oder Ton zu erzeugen. Auch berührungslose Lichtschalter seien auf der Grundlage von kapazitiven Sensoren möglich. Diese erkennen, so Dyson, leitfähige Objekte wie Hände anstelle von Druck. „Angesichts der aktuellen Covid-19-Situation stößt die Technologie auf zunehmendes Interesse“, erklärt Dr. Matthew Dyson.
Boden registriert Druck
Drucksensoren, meist im Siebdruckverfahren hergestellt, können ebenfalls großflächig und zugleich kostengünstig hergestellt werden. Bisher werden sie am häufigsten für das Erfassen der Fahrzeugbelegung eingesetzt – künftig könnten sie aber auch in großen Flächen wie Fußböden integriert werden. „Potenzielle Anwendungen sind die Überwachung von Kunden in einem Geschäft oder von Patienten im Krankenhaus – ohne die Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre, die durch den Einsatz von Kameras bestünden“, erklärt Dr. Matthew Dyson und ergänzt: „Druckempfindliche Bodenbeläge wurden bereits entwickelt und in Geschäften eingesetzt, um die Covid-19-Anforderungen zum ‚Social Distancing‘ durchzusetzen.“
Lecks erkennen
Eine bereits verfügbare Anwendung für den Innenbereich sind nach Aussage des Fachmanns auch Dünnschicht-Feuchtigkeitssensoren. Diese erkennen die Feuchtigkeit über eine aufgedruckte Antenne, die von einem RFID-Lesegerät per remote ausgelesen werden kann. „Das Grundprinzip besteht darin, dass eine feuchtigkeitsempfindliche Schicht die Resonsanzfrequenz der Antenne verändert“, erklärt Dyson. Durch den Dünnschichtaufbau könne ein solcher Sensor beispielsweise hinter Fliesen angebracht werden, um die Wirksamkeit der Abdichtung zu überprüfen.
Warnsystem bei schlechter Luft
Gedruckte Elektronik könne aber auch zur Überwachung der Luftqualität eingesetzt werden, beschreibt der Analyst. Bislang seien die meisten Gas-Sensoren aus anorganischen Materialien gefertigt und damit starr und schwieriger zu installieren. Eine Dünnschicht-Alternative sei gedruckte/flexible Elektronik aus Basis von funktionalisierten Materialien wie Kohlenstoff-Nanoröhren, deren Leitfähigkeit sich durch die Absorption von Gasmolekülen ändert. „Diese Information in Echtzeit in einem Gebäude zu erhalten, würde es ermöglichen, die Luftzirkulation entsprechend zu modifizieren und eine Frühwarnung vor hohen Schadstoffwerten zu geben“, erklärt Dr. Matthew Dyson.
Ausführliche Informationen
Die beschriebenen Beispiele sind nur ein kleiner Teil der möglichen Anwendungen für gedruckte und flexible Sensoren. Wer mehr darüber wissen will, kann den ausführlichen Report „Printed and flexible sensors 2020 – 2030: Technolgies, Players, Forecasts“ über die Website von IDTechEx bestellen.
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